> Ein Gang durch Schönstatt 1933

Ein Gang durch Schönstatt 1933

Aus: Altera Maria, 3. Jahrg., Nr. 2 vom 1. Mai 1933, 65 f.

Mitten hinein durften wir schauen (Anmerkung: In den vorausgegangenen Artikeln dieser Zeitschrift.) in das Leben unserer modernen Familien; noch nie wurde vielleicht unser Helferwille so angeregt, gar der Not der Unbekehrten im weiten, fremden Heidenland tatkräftig zu steuern.

Jetzt wollen wir daheim noch Umschau halten, was alles in der letzten Zeit geworden. Jedes Winkelchen interessiert uns ja, jede kleine Veränderung ist uns wichtig – eben, weil es unsere Heimat ist, weil unsere Dreimal wunderbare Mutter so gnadenvoll hier schaltet und waltet.

Es wird gut sein, wenn wir erst in der Wildburg anklopfen, um nach unserm Unterschlupf zu fragen – zumal wenn wir in allgemeinen Ferienzeiten nach Schönstatt pilgern. Sonst könnte es sein, daß wir eine Weile später wieder mit Sack und Pack vom Berge herunter zu den zwei neuen Türmen schreiten!

(Anmerkung: Mit den zwei neuen Türmen sind die Türme der Wildburg gemeint, nachdem im Jahre davor der zweite Turm neben dem Urheiligtum eingestürzt war.)

Ein richtiges Heim ist die Wildburg geworden, das nur den einen Nachteil hat, so weit vom kleinen Heiligtum entfernt zu sein. Ursprünglich war sie zum Mutterhaus der Marienschwestern bestimmt, aber nur wenige Monate blieb es so. Bereits am 1. Juni vorigen Jahres wurde das Mutterhaus wieder ins alte Bundesheim beim Kapellchen verlegt. Jetzt ist die Wildburg Filiale, die wohl die Postulantinnen beherbergt, eine ganze Reihe Schwestern, und – zumal in den Ferienzeiten – Tür und Tor öffnet und groß und klein unserer Schönstattfamilie und all die Gäste aufnimmt, wenn sie müde von der Arbeit draußen ein stilles Plätzchen suchen. – Das Haus hinten im Hof, einmal für die Wäscherei, Büglerei und für all die Näharbeiten bestimmt, ist immer noch ein unfertiger Bau nur – wegen „Mangel an Überfluß“.

Aber nun näher zur Mutter! Dort grüßt das Bundesheim; wir wallen zum Kapellchen, vorbei an der „Stein’schen Ruine“, die immer noch ihrer Bestimmung harrt. Jetzt stehen wir vor dem Schönstätter Wahrzeichen, dem alten Turme, der seit einem Jahr ein stiller Einsiedler geworden. Ringsum ist fast alles abgeräumt, nur das Vorderhaus blieb erhalten, das den Brüdern der Pallottiner als Wohnung dient.

Noch eine Ecke und noch eine, und – wir stehen vor dem Kapellchen. Unwillkürlich werden wir stille, beflügeln unsere Schritte – jetzt sind wir daheim. Guckt euch mal St. Michael an, er hat ein neues Gewand bekommen! Und wer schon lange nach hier kommt, erinnert sich noch gut des alten nachgiebigen Bodens. Er hat einem neuen Platz gemacht. Im April vergangenen Jahres (1932) wurde der Grund mit einer festen Teerschicht überzogen, Balken darüber gelegt und neue Bretter darauf befestigt. (Anmerkung: Es handelte sich um einen Parkett-Boden.) Allerlei Zettel mit heimlichen Wünschen sollen dabei miteingeschlossen worden sein – doch darf darum nur die Gottesmutter wissen!

Im gegenüberliegenden Mutterhaus geht es viel aus und ein – es ist so recht ein Symbol für unsere Apostolische Bewegung! Schwestern, die in Ferien gehen, zum Kurssonntag kommen, ihre achttägigen oder vierwöchentlichen Exerzitien haben – sie alle dürfen diese Zeiten in nächster Nähe vom Kapellchen verbringen!

Jetzt setzen wir die Reise fort. Es geht der Gartenmauer entlang, an der ehemaligen Feilenfabrik (Anmerkung: Die sogenannte alte Wasserburg.) vorbei. Aus den Fenstern gucken zu unserer Verwunderung frische Bubengesichter heraus. In der Osterzeit des letzten Jahres hat die Gesellschaft der Pallottiner Haus und Garten gekauft, da sie die ständig wachsende Zahl der Studenten oben im Studienheim nicht mehr unterbringen konnte. Hinten im Wambachtal ist man daran, einen größeren Spielplatz anzulegen. Man sieht schon, was es werden mag: ein Großteil des Tales ist bereits ausgefüllt, geebnet, und es wird nicht mehr allzu lange dauern, da kann sich das Jungvolk nach Herzenslust dort hinten tummeln!

Kommt weiter mit mir! Wo sich die Straßen nach Hillscheid und nach Höhr trennen, grüßt Sonneck. Wer es in den letzten Monaten ein bißchen beobachtet, dem mag aufgefallen sein, daß hier fast nur Schwestern aus und eingingen. Mit dem 18. September letzten Jahres (1932) wurde es Terziatshaus – allerdings soll es im Sommer den Gästen wieder zur Verfügung stehen. Das Schönste im Haus ist die kleine Kapelle, für die das Balkonzimmer verwendet wurde – ein wahres Schmuckkästchen! Augenblicklich sind gar zwei Terziate hier untergebracht. Neben dem laufenden haben wir noch ein Missionsterziat!

Wir stehen ja vor einem großen, ganz wichtigen Ereignis. Im Herbst letzten Jahres kam aus dem fernen Afrika die ernstliche Anfrage, ob die Marienschwestern im kommenden Jahre eine Missionsstation in Südafrika übernehmen würden! Mit einem Schlage beherrschte die Aussicht auf den kühnen Sprung in die weite Welt alle Gemüter: Schönstatt ist ja unsere Welt, und die Welt soll Schönstatt werden ...

Das Bundesheim selbst hat höchstens eine einzige wichtigere bauliche Veränderung erfahren: Das Eßzimmer rechts der Uhr und das erste kleine Sprechzimmer wurden zu einem recht wohnlichen Lesezimmer vereinigt, das bei Einkehrtagen den Gästen auch als Aufenthaltsraum dienen soll.